Dr. Kirsten Naue bei der Untersuchung eines Patienten
Eine krankhafte Erweiterung von Arterien wird Aneurysma genannt und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Da sich die Gefäßwände im Körper mit zunehmendem Alter verändern und somit weniger elastisch sind, können sie den hohen Druck in der Hauptschlagader oft nicht mehr abfangen. Es bilden sich spindel- oder sackförmige Erweiterungen, die im schlimmsten Falle einreißen und zum Tod führen können.
In den meisten Fällen ist eine Gefäßverkalkung, die sogenannte Arteriosklerose, Ursache für ein Aortenaneurysma. Am häufigsten sind Personen über 65 Jahren betroffen. Dabei erkranken Männer etwa fünfmal öfter als Frauen. Grundsätzlich kann sich ein Aneurysma an jeder Arterie ausbilden. Am häufigsten tritt es aber an der Bauchschlagader bzw. Brustschlagader auf. Weitere Ursachen können angeborene Bindegewebserkrankungen sowie selten bakterielle Infektionen sein.
Drei unterschiedliche Arten
Grundsätzlich gibt es drei unterschiedliche Formen der Krankheit: Aneurysma verum, Aneurysma dissecans und Aneurysma spurium. Ersteres ist die häufigste Form und zeichnet sich durch eine zunehmende Auswölbung an einem bestimmten Gefäßabschnitt aus. Insgesamt bleibt die Gefäßwand meist intakt. Oft sind ein erhöhter Blutdruck und Zigarettenkonsum die größten Risikofaktoren – sowohl für die Entstehung der Gefäßverkalkung als auch für die zunehmende Ausdehnung des Aneurysmas. Beim Aneurysma dissecans reißt charakteristischerweise die Gefäßinnenhaut an einer bestimmten Stelle in Längs- oder Querrichtung ein. Das Blut, das mit hohem Druck in die Hauptschlagader gepresst wird, kann sich so in die Gefäßwand vorwühlen und die Hauptschlagader aussacken. Das Aneurysma spurium ist eher ein kleiner Riss des Gefäßes, durch das Blut nach außen tritt. Dabei bildet sich eine Höhle, die mit der Arterie in Verbindung steht, sodass bei jedem Pulsschlag Blut in die Höhle gepumpt wird. Es tritt überwiegend als Komplikation nach Operationen, nach Punktionen an arteriellen Gefäßen oder als Folge eines schweren Unfalls auf.
Diagnose und Behandlung
Ein Aneurysma ist nur schwer zu erkennen, da zunächst keine Beschwerden auftreten. Das erweiterte Gefäß wird oft entweder zufällig entdeckt oder wenn die Aussackung bereits weit fortgeschritten ist. „Die Arterie ist dann so groß, dass es auf umgebende Organe drückt“, erläutert die Kardiologin Dr. Kirsten Naue. „Doch nicht bei allen Betroffenen zeigen sich Symptome wie Rückenschmerzen, Schluckbeschwerden oder Heiserkeit, Harndrang, Atemnot oder der Wechsel von Verstopfung und Durchfall.“ Um einen Befund erstellen zu können, wird der Patient zunächst per Ultraschall untersucht. Zur weiteren Diagnostik folgen als Methoden der ersten Wahl ein Schichtröntgen oder eine Kernspintomographie. So sind eine genaue Verlaufsbeurteilung sowie die Einschätzung von Verkalkungen oder Gerinnseln sowie dem Vorhandensein eines Einrisses der Gefäßinnenwand möglich.
Folgende Behandlungsmöglichkeiten sind bei einem Aortenaneurysma möglich: die Operation mit offenem prothetischem Gefäßersatz oder das Einsetzen einer Gefäßprothese von der Leiste aus. Naue betont, dass bei allen Patienten über 65 Jahre – besonders bei Männern – mit koronarer Herzkrankheit ein Gefäß-Screening mittels Bauch-Ultraschall gemacht werden sollte. Ist ein Bauchaortenaneurysma entdeckt worden, muss es halbjährlich kontrolliert werden, um eine kritische Vergrößerung auf über fünfeinhalb Zentimeter Durchmesser rechtzeitig zu erkennen.